Die ladinische Sprache

„N drë bënunì te nosc bel luech de marueia ulache pudëis passé cun gheneda y legrëza vosc tëmp liëde“.
Ein herzliches Willkommen in unserem schönen Tale, wo Sie ungestört und voller Freude Ihre Freizeit verbringen können.
 
Der markanteste Zug der Ladiner ist ohne Zweifel deren Sprache, welche zunächst unverständlich und unentzifferbar scheint. Kommt man in Kontakt mit dieser Minderheit, kann man ins Staunen geraten, denn sie konnte, trotz der geschichtlichen Ereignisse und des beschränkten Verbreitungsgebietes, ihre Identität erhalten. Als die Römer die alpinen Bevölkerungen unterwarfen und sie ihrem Reich einverleibten, kam eine Verschmelzung zwischen den rätischen Sprachen der Einheimischen und dem vulgär Latein der römischen Soldaten, Beamten und Händler zustande.


Auf diesem Weg entstand eine neue Sprache: das Ladinische, welches im Laufe der Jahrhunderte, durch die natürlichen Änderungen der sozio- kulturellen Bedürfnisse und durch politische Gründe, den Einfluss der angrenzenden Sprachen und Kulturen erlitt.
Das Ladinische (auch Rätoromanisch genannt) ist eine neolateinische Sprache und daher mit dem Italienischen, Französischen, Spanischen, Rumänischen u.s.w. verwandt.
In Folge der Völkerwanderung der Germanen und Bayuwaren, die gegen Süden drangen, und der Slaven, die von Osten vorrückten, erfuhr der ladinische Sprachraum eine Zusammenschrumpfung, da die einheimische Bevölkerung zum Teil von den Eroberern assimiliert wurde.
Der Einheit zwischen den Ladinern der Dolomiten und dem östlichen rätoromanischen Sprachraum wurde plötzlich ein Ende gesetzt. Im XV. Jahrhundert eroberte die Republik Venetien den Friaul und Cadore.


Seitdem drang eine venezianische Landzunge immer tiefer ins ladinische Gebiet ein und trennte die Dolomitenladiner von jenen des Friauls. So entstanden drei Sprachinseln: in der Schweiz Kanton Graubünden (ca. 50.000), die Dolomitenladiner (ca. 30.000) mit dem Comelico (ca. 10.000) und Friaul (ca. 700.000).
Die Dolomitenladiner leben im Gröden-, Fassa-, Gadertal, im Enneberg, im Buchensteintal mit Colle Santa Lucia und Ampezzo.


Die Ladiner aus dem Gröden- und Gadertal sind der Provinz Bozen zugeteilt und sind offiziell als dritte Sprachgruppe anerkannt. Der Bevölkerung dieser beiden Täler steht eine paritätische Schulordnung zu. Der Unterricht erfolgt also zur Hälfte in italienischer und deutscher Sprache; außerdem werden wöchentlich im Durchschnitt zwei Stunden ladinische Sprache und Kultur gelehrt.
Auch wenn die Sprache einen sehr alten Ursprung hat, ist die Literatur ziemlich neu. Man soll nicht vergessen, dass Jahrhunderte lang praktisch jeglicher Kontakt mit den Einwohnern der Nachbar-Täler wegen der damals unwegsamen Passverbindungen nicht zustande kam.


Der Verein „Union di Ladins“ und das „Ladinische Kulturinstitut“ bemühen sich um die Erhaltung und Weiterentwicklung der ladinischen Kultur. Dank der intensiven Tätigkeit dieser Institutionen, ist die Anzahl der Veröffentlichungen in den verschiedenen Bereichen im ständigen Wachstum.
Seit 1989 wird die ladinische Sprache auch in der öffentlichen Verwaltung der beiden Täler verwendet.
Das erste Kulturzentrum war die „Cësa di Ladins“ in St. Ulrich, wo auch ein Museum, eine Bibliothek und ein Veranstaltungssaal vorzufinden sind.


Wöchentlich erscheint „La Usc die Ladins“  (die Stimme der Ladiner), Mittel der Verbreitung von lokalen und nicht lokalen Nachrichten. Auch werden in diesem Blatt die Probleme der ladinischen Täler aufgeworfen. Vielfältig und wertvoll sind die Unternehmungen der lokalen Vereine, die entstanden sind (denken wir an die Theatergruppen, Chöre, Musikkapellen, folkloristischen Gruppen u.s.w.). Diese sind bemüht, ihre Veranstaltungen auch in ladinischer Sprache vorzuführen. Die RAI überträgt tägliche Radiosendungen und Fernsehsendungen in ladinischer Sprache.
Trotz der schwierigen Lebensbedingungen und der geschichtlichen Ereignisse, konnten die Ladiner mit Stolz und Lebensfreude ihre eigene kulturelle und sprachliche Identität erhalten.


Textquelle: Mussner, Rudolf (2010), Nosta Sëlva - Wolkenstein in Gröden, 1. Auflage, Wolkenstein in Gröden

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